Die Freiheit kennt keinen Rentenbescheid
Frau Margot Flügel-Anhalt, Sie kommen am 28.3. zur Eröffnung der 17. Gesundheits- und Sportwochen nach Böblingen und ich bin voller Vorfreude auf Ihr Wirken im Böblinger Kino! Sie haben mit außergewöhnlichen Reisen auf sich aufmerksam gemacht. Sie sind zum Beispiel mit ihrem Motorrad durch 18 Länder gereist und haben Zentralasien durchquert. Danach sind Sie mit Ihrem 24 Jahre alten Benz von Ihrem 44-Seelendorf Thurnhosbach zu Ihrem Traumziel Indien aufgebrochen und kamen nach über 18.000 km und vielen Umwegen tatsächlich in Jaipur an. (Kurze Anmerkung: 18.000 km war die gesamte Reise, Endziel war Laos.)
Sie bezeichnen sich selbst als Landstreicherin. Was haben die letzten beiden Reisen mit Ihnen als Landstreicherin im Besonderen gemacht?
Als „Landstreicherin“ war ich zu Fuß unterwegs von Nordhessen nach Santiago de Compostela. Motorisiert unterwegs zu sein, ist nochmal eine ganz andere Herausforderung, insbesondere auf den Straßen im Iran oder in Indien. Trotzdem gelingt es mir, zu beobachten. Die Eindrücke der Natur, durch die ich reise, von Menschen, denen ich begegne, erfüllen mich mit einem unendlichen Reichtum an inneren Bildern. Das ist ein sehr beglückendes Gefühl und auch zu Hause immer wieder abrufbar.
In einem der vielen Interviews war ein Fazit von Ihnen: „Die Menschen sind gut und die Welt ist wunderbar“ - denken Sie in der aktuellen Situation ab und zu an Ihre Aussage? Wenn ja, was geht Ihnen dabei durch den Kopf?
Ja, dieser Krieg ist furchtbar und eine Katastrophe. Aber wenn ich sehe, wieviel Hilfsbereitschaft die Situation auslöst, wie viele Menschen am Leiden der Ukrainer Anteil nehmen, weiß ich, dass der Mensch das Gute in sich trägt. Dass Menschen Fehler haben, falsche Entscheidungen treffen, kriegerische Handlungen begehen, sich gegenseitig töten, ist nur eine Seite dieses Aspekts. Der weitaus größte Teil der Menschheit will Frieden.
Sie sagten einmal, dass Sie alles mit „oben“ abklären, wenn Sie losfahren. In welcher Form haben sich die Gespräche bei den beiden Reisen unterschieden?
Mein Vertrauen in die Führung und Fügung wächst mit jeder Reise. Trotzdem beachte ich die Regeln in den verschiedenen Ländern, bin nicht als Opfer unterwegs und versuche, Gefahren möglichst aus dem Weg zu gehen.
Wenn das „Losfahren“ das Schwerste ist: Was fällt Ihnen dabei besonders schwer?
Das „Losfahren“ ist da schwer, wo ich noch vor der Entscheidung stehe, noch nicht gepackt habe. Sich aus dem Alltag zu lösen, ist schwer. All diese vielfältigen Angelegenheiten zu regeln, mit denen wir uns tagtäglich umgeben, ist die echte Herausforderung, wenn man eine längere Reise unternehmen will. Das fängt bei der Versorgung von Pflanzen und Tieren an und endet bei der Suche nach Stellvertretern für die ehrenamtlichen Aufgaben, die man übernommen hat.
Auf Ihren Reisen haben Sie bestimmt viele kleine und große Wunder erlebt. Welches hat Sie nachhaltig bis heute begleitet?
Das größte Wunder ist wohl, dass ich gesund und wohlbehalten wieder zu Hause angekommen bin. Das verdanke ich auch und vor allem der großartigen Hilfsbereitschaft der Menschen, denen ich unterwegs begegnet bin. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wenn Sie von Ihren Reisen zurückkommen: Wie gehen Sie dann mit Ihrem Fernweh um? Zum Beispiel mit der Sehnsucht nach der Wüste?
Diese Sehnsucht bleibt... und ich pflege sie, um die nächste Reise vorzubereiten. Immer wieder aber wandere ich durch die Natur hier vor Ort, ziehe durch die Wälder oder bleibe ein paar Nächte draußen. Am Lagerfeuer beruhigt sich der Geist am besten und bei der Bewegung an der frischen Luft. Schon jetzt lieben Dank Frau Flügel-Anhalt!